Müllentsorgen auf dem Land

Als aktiver Vater verbringe ich das Wochenende meist mit meinen Kindern. Als aktiver Partner verbringe ich das Wochenende zudem damit, meinen Pflichten im Haushalt nachzugehen. Dass sich Kinder und Pflichten entsprechend verbinden lassen (müssen), versteht sich von alleine. In einem Haushalt, wo ich nicht nur als Geldeintreiber, sondern auch als verantwortlicher Erziehungsberechtigter mitwirke, bedeutet das beispielsweise für das Samstag-Morgen-Programm: Abfall entsorgen.

Das Auto gefüllt mit Müll und Kindern. Destination Sammelstelle. In meiner Vorstellung ein aufregender Familienausflug.

Doch für alle Städter erstmal ein kleiner Schwank zu den Grundvoraussetzungen der ländlichen Abfallentsorgung.

Vor rund einem Jahr haben wir uns vom hippen Stadtleben verabschiedet und sind in ein beschauliches Dorf gezogen. Dass sich mit diesem Schritt einiges im Alltag verändern würde, war mir klar. Über gewisse Veränderungen war ich dann aber doch erstaunt – so zum Beispiel darüber, wie Müllentsorgen auf dem Land funktioniert.

Als Stadtmensch war ich mir einen einfachen Entsorgungsprozess gewohnt: Müllsack und Altpapier direkt vor der Haustür deponieren (zwei Mal wöchentlich), Glas/PET/Büchsen/Batterien können zentral beim Supermarkt entsorgt werden. Ausser den Müllsäcken ist alles kostenlos – läuft.

Anders auf dem Land.

Als Hauptverantwortlicher für das Müllmanagement in der Familie machte ich erste Erfahrungen in der Theorie. Kurz nach dem Einzug erklärt mir der freundliche Nachbar, dass wir zwei Container haben. Einen grünen und einen schwarzen.
Grün für Grünabfuhr, Schwarz für Müll.

Soweit alles klar.

Die Container werden alle zwei Wochen geleert.

Whaaat? Alle zwei Wochen…

Und die Container werden nicht direkt vor der Haustür abholt. Nein! Man muss die Container rund 200m die Strasse zur nächsten Kreuzung hochschieben. Der Schwank zu unserem Haus wäre für die Entsorgung zu teuer… no nie ghört so öppis!? Natürlich werden der grüne und der schwarze Container nicht am gleichen Tag entleert. Und bei der Kreuzung abholen muss man sie auch selber (ausser der Nachbar war schneller – und hat unseren grad mit zurück geschleppt).

Damit nicht genug.

Die Kosten richten sich im Gegensatz zur Stadt nicht pro Müllsack sondern pro Gewicht. Das kann bei drei kleinen scheissenden Kinder ganz schön schwer und somit teuer werden. Als wir die erste Abrechnung erhielten, traf mich fast der Schlag: Die Kosten sind um Faktor 13 teurer als in der Stadt.

Die Scheisse hat hier einen hohen Preis.

Zumal die Kacke nur alle zwei Wochen abgeholt wird und man sie selber die 200m durch die Gegend schleppen muss. Ich weiss jeweils nicht, ob ich weinen oder lachen soll.

Der nächste Lehrgang bezüglich Müllentsorgung betraf das Glas, Altpapier, PET, die Büchsen und Batterien. In den ersten drei Monaten fühlte ich mich dabei wie in der Matrix. PET und Glas können beim Supermarkt entsorgt werden. Für den Rest muss man zur Sammelstelle.

Womit wir wieder beim Anfang sind. Sammelstelle: Das klingt nach einem spannenden Samstagvormittagsausflug mit den Kindern.

Also packe ich K1 und K2 samt Müll in die Familienkutsche – die Kinder sind schon ganz aufgeregt. Als wir dort ankommen herrscht eine chaotische und leicht angespannte Stimmung. K1 und K2 laufen gleich in die Entsorgungshalle und bis ich Kinder und Müll beisammen habe, vergehen rund fünfzehn Minuten.

Der Müll liegt auf einer Art Trolli und wir stehen an. Die Kinder beginnen mit den PET-Flaschen «zu spielen», die Geduld und die Nerven neigen sich dem Ende zu. Nach fünfzehn Minuten Warten, die sich wie eine Ewigkeit angefühlt haben, sind wir endlich an vorderster Front. Und werden vom Angestellten der Sammelstelle gleich belehrt:

  • Das Altpapier muss getrennt werden in Papier und Karton
  • PET muss nicht nur in PET und Plastik unterteilt werden, Plastik muss zusätzlich unterteilt werden
  • Das Glas und die Büchsen müssen rund 100m an einem anderen Ort separat entsorgt werden
  • Immerhin können die Batterien alle zusammenbleiben

Ich muss also die feinsäuberliche Triage vor Ort vornehmen. Hinter mir wächst die Warteschlage, die Kinder habe ich nur bedingt im Blickfeld – der Stresspegel steigt. Nun muss alles auf die Waage und in Bar oder mit der «Gemeindekarte» bezahlt werden. Beides habe ich nicht dabei… somit gibt es noch eine Umweg zum nächsten Geldautomaten.

Zurück in der Halle, kann ich immerhin die Warteschlange umgehen und gleich bezahlen. Das Entsorgen muss man dann selber machen und die entsprechenden Entsorgungscontainer in der Halle finden – spätestens jetzt bin ich ziemlich am Anschlag.

Früher als Stadtmensch hörte ich ab und zu von den Geschichten, wo Leute auf dem Land in wilden Deponien ihren Müll verbrannten, um Geld und Zeit zu sparen. Ich hielt das für völlig absurd, nun gebe ich zu: Ein gewisses Verständnis habe ich.

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