Arbeit gemeinsam mit Kindern erledigen. Von väterlichen Vorstellungen zur Realität.

Was meine Kinder angeht, muss sich mein Inneres-Ich zwischen einem «Highfive, ihr steile Grieche» oder einem «Gopf, warum gehorcht ihr nicht?» entscheiden.

Samstagmorgen. Seit ich Familie habe nicht mehr mit Schlaf gefüllt, sondern mit Erledigen anstehender Hausarbeiten. Für mich als 100% arbeitstätiger Vater eine willkommene Abwechslung. Dabei versuche ich, bei den verschiedenen bevorstehenden Aufgaben die Kinder zu integrieren und sie als gleichberechtigte Mithelfer zu behandeln.

Klingt romantischer als es ist.

Ich verfrachte die Mannschaft effizient in die Familienkarre und gehe ab jetzt immer schön der offiziellen To-do-Liste nach.

Erster Halt: Entsorgungsstelle. Früher das absolute Highlight für die Kinder, heute bleiben sie lieber im Wagen und warten. Als ich die Flaschen in den Container schmeisse, werde ich etwas nostalgisch. Weshalb rennen die kleinen Knirpse nicht mehr um meine Beine? Und auch das Flaschen reinwerfen ist ungefähr so out wie die Musik meiner Jugend. Zugegeben, ich drehte früher regelmässig durch ob dem nervösen Hin und Her-Rennen und dem ständigen Aufpassen, dass die Kinder keine Müllberg-Lawinen auslösen. Doch heute: Vermisse ich es.

Wir fahren weiter zum Grossverteiler. Grosseinkauf.

Nach dem wir den Streit darüber beigelegt haben, weil ich gemäss Kindern im falschen Abteil parkierte, betreten wir den Laden. Nächste Diskussion: Einkaufswagen. Diese kleinen, ihr wisst schon. Erst will nur K1. In Kürze ziehen K2 und K3 nach. Natürlich jeder einen einzelnen Wagen, Kompromissvorschläge der Eltern kommen nicht in Frage. Und natürlich habe ich nicht genügend Kleingeld.

Umweg zum Kundendienst. Kleingeld machen. Der Kassierer versteht sofort, wofür ich das Geld brauche und lächelt die Kinder an. Macht mich grad extrem stolz.

Dann geht’s los mit der Kindereinkaufswagen-Crew. Wir durchqueren den Laden (Samstag Vormittag, könnt euch die beengten Verhältnisse vorstellen) mit drei Einkaufswagen. Respektive vier. Meine Frau fährt den grossen für die Einkäufe. Die Kinder die kleinen mehrheitlich zur Beschäftigung. Man kann uns nicht übersehen. Einige finden uns total herzig und sprechen die Kinder an. Andere nerven sich zwar wortlos, aber deutlich. Verständlich.

Zurück zuhause bereite ich innerlich den letzten Task vor: Waschen des Autos.

Die Kinder wollen mitkommen, ich bin skeptisch. Doch dann erinnere ich mich an das nostalgische Gefühl, welches mich in der Entsorgungsstelle befiel.  Ausserdem will ich will die Kinder ja involvieren und die Dinge mit ihnen zusammen machen. Also packe ich die ganze Mannschaft wieder ins Auto und wir fahren motiviert in Richtung Waschanlage.

Dort angekommen erkläre ich die Spielregeln: Der Schlauch wird nur mit mir bedient. Wer nicht mit dem Schlauch spritzt, wartet hinter der Scheibe um nicht nass zu werden. Aufgrund der Art und Weise, wie die Kinder meine Instruktionen bejahen, erwarte ich Schlimmeres. So war es auch: Bei der erstbesten Gelegenheit schnappen sie sich den Schlauch nebenan und starten eine Wasserschlacht. Sie springen in alle Richtungen, schreien ohrenbetäubend und lassen mich mit meinem «Involviere-sie-Ansatz» leicht hilflos dastehen. So war das nämlich nicht gemeint.

Die Kinder sind bachnass und das Auto knapp gewaschen.

Ich erwarte jeden Moment, dass irgendein Besserwisser vorbei kommt und mir eine Erziehungslektion erteilt (was zum Glück nicht passiert. Ich glaube, ich hätte ihn mit dem Schlauch nass gespritzt). Aber peinlich ist es mir auch ohne öffentliches Statement ein wenig. Was meine Kinder angeht, muss sich mein Inneres-Ich zwischen einem «Highfive, ihr steile Grieche» oder einem «Gopf, warum gehorcht ihr nicht?» entscheiden.

Im Stress entscheide ich mich für die zweite Option und werfe somit meinen gutgemeinten Ansatz über Bord. Den Kindern ist’s egal.

Zu Hause angekommen rechne ich mit einem mittleren ZS meiner Frau. Der glücklicherweise nicht eintritt. Die Kinder erzählen ihr voller Aufregung und Freude von ihrer Wasserschlacht. Ich sehe ihre Begeisterung und verstehe plötzlich wie sie die ganze Situation erlebt haben. Für mich eine Erkenntnis: Die Welt aus den Augen der eigenen Kindern zu betrachten, ja vielleicht ist das nicht nur der Schlüssel zu neuen Erfahrungen, sondern auch zu mehr Gelassenheit. Es kann aus einem besonders nervigen Samstag Vormittag ein ganz besonderen Samstag Vormittag machen.

Ich entscheide mich im Nachhinein für ein «Highfive, ihr steile Grieche». Und beschliesse: Ich liebe Samstag Vormittage.

Bild: Neon Brand Unsplash

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