Mütter, Mütter, nichts als Mütter

Wo war ich hingeraten? Da stand ich etwas verloren inmitten junger Mütter. Mit einer gefühlt riesigen Horde Kids und musste mich zuerst sozusagen hineinfinden.

Nie hätte ich gedacht, dass mir ein Haufen süsser und niedlicher Kinder eines Tages irgendwie fremd sein würde. Jetzt aber stand ich da, inmitten von Kinderwagen, einem Hund, Windeln, Spielsachen, Trinkflaschen und Reiswaffeln. Ich, die werdende Oma.

Ein Fotoshooting, von Müttern für Mütter, damit wir diesen Mamablog hier neu aufmotzen können.

Und ich mittendrin, als dienstälteste Mama, die das alles schon hinter sich hat.

Und bald wieder vor sich – die vollgekackten Windeln eines Enkelkindes.

Ehrlich, ich kam mir ein wenig komisch vor. Ein wenig fehlt am Platz. Wenigstens konnte ich figurmässig noch so ziemlich mithalten und war noch nicht wie ein Hefekuchen aufgegangen. Welch ein Trost.

Mit steigender Bewunderung beobachtete ich die Kolleginnen. Sie versuchten, auf den Fotos für unseren neu gestalteten Blog eine möglichst gute Figur trotz quengelnder und herumrennender Kinder und Hunde zu machen. Nicht gerade einfach.

Während die Kinder einander die Trinkflasche klauten, waghalsige Manöver auf dem Klettergerüst nebenan machten, hatten die Mütter Augen und Ohren überall. Trotz dem Tumult bewahrten sie die Ruhe und wurden sie nicht hysterisch. Kein verkniffenes Gesicht, lächelten sie gekonnt in die Kamera! Wow. Ich war beeindruckt.

Mütter sind wunderbar, belastbar, kreativ und Genies im Organisieren.

Wie meine Mitbloggerin das vom Hund soeben zerfetzte T-Shirt so auszog, so dass keiner was sah und sich dann ein geborgtes überstreifte. Das war Kunst. Und wie die eine Mama ihr Baby unter erschwerten Umständen wickelte und gleichzeitig das andere Kind zur Räson rief und der Fotografin auch noch gezielte Anweisungen gab, das war grosses Können.

Dass ich das alles auch mal gekonnt habe, kam mir nun seltsam vor. Dann aber kriegte ich das Baby von meiner Mitbloggerin zum Rülpsen an die erprobte Mutterbrust gedrückt und musste gleichzeitig noch ein paar Fragen beantworten und war erst einmal linkisch.

Was, wenn der süsse Fratz mein selbst genähtes, brandneues Shirt voll kotzt?

Dem galt meine erste Sorge, nicht der Verdauung des kleinen Erdenbürgers. Ich schämte mich augenblicklich. Wo waren meine aufopfernden Muttergefühle geblieben? Stimmte es doch, dass sie sich mit der hormonellen Veränderung und der entschwindenden Menstruation zusammen verdünnisieren?

Für den Moment war ich gefühlsmässig seelisch etwas zerfleddert. Kaum den eigenen Kindern entwachsen, war ich ein empathieloser Egoist, der zugibt, dass er froh ist, wegfahren zu können, ohne Windeln, Trinkflaschen und Zäpfchen mitnehmen zu müssen. Und dem sein Shirt wichtiger ist als das Bäuerchen des Babys einer Freundin. Pfui!

Nach wenigen Minuten aber sassen die alten, an drei Babys eingeübten Bewegungen wieder und es fühlte sich seltsam gut an. Das Baby in meinem Arm, so weich und warm und es roch gut. Sofort begann ich es zu lieben. Eine Welle der Wehmut stieg in mir hoch und ich musste aufpassen, dass ich nicht in Tränen ausbrach.

Ich biss auf die Zähne. Vorbei ist vorbei.

Jedes Ding hat seine Zeit.

Es war furchtbar anstrengend damals und ich bin fast kaputt gegangen. Aber jetzt ist es auch gut, so wie es jetzt eben ist. Das leere Haus, das nun meist aufgeräumt ist. Die Ruhe. Mehr Zeit für mich.

Ich kann nun alles tun, was ich mit Kindern nicht tun konnte. Weil sich meine Kinder sonst vielleicht für Mama geschämt hätten.

Dinge wie im Nachthemd draussen frühmorgens die Geranien giessen und den vorbei eilenden Manager im Business-Anzug freundlich grüssen.

Aber es war auch furchtbar schön – ein Neugeborenes an der Brust zu haben und seinen unvergleichlichen Duft in die Nase zu kriegen.

P.S.:
Und wenn die Fotos unter diesen Umständen nichts geworden wären?
Dann, ja dann, dann ist es halt so. Wir sind Mütter. Keine Models.

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